Hallo liebe Leser.
Es ist fast ein Jahr her, dass ich hier etwas geschrieben habe. Eine lange Zeit. In den letzten vier Monaten ist viel passiert, und ich möchte das hier einmal ein wenig zusammenfassen. Die Geschichten über unsere Reise könnt ihr in den Videos sehen, daher werde ich hier nicht weiter darauf eingehen. Es ist November, wir kommen in Cornwall an – und mein geliebtes Boot hat leider mehrere Schäden, die sehr viel Geld kosten. So viel, dass ich ernsthaft darüber nachdenken muss, es zu verkaufen. Nicht dieses Jahr, vielleicht auch nicht nächstes, aber es wird klar: Ich muss unbedingt Geld verdienen.

Natürlich in erster Linie durch Gäste, die bei uns mitfahren. Aber dazu ein anderes Mal. Ich suche auch nach anderen Wegen, auf mehreren Füßen zu stehen. Ja, man kann online inzwischen relativ einfach Geld einnehmen. Sei es über Callcenter oder andere, in meinen Augen eher dubiose Dinge. Letztlich geht es immer ums Verkaufen – meist Dinge, zu denen ich keinen Bezug habe oder die ich sogar für niederträchtig halte. Ich möchte niemanden davon überzeugen, dass er etwas braucht, nur weil ich es ihm sage.

Deshalb sind in den letzten drei Monaten viele Videos und Livestreams auf meinem YouTube-Kanal erschienen. Ich habe unter anderem auf eine Reality-Show reagiert – mit ganz guter Resonanz. Und ich habe den Entschluss gefasst, zweimal im Monat ein YouTube-Live über das Leben auf einem Segelboot zu machen – vielleicht auch mit Interviews anderer Langfahrtsegler. An diesem Konzept arbeite ich gerade.

Aber hier soll es jetzt um eine andere Sache gehen. Um eine technische. Die Frage war: Wie werden meine Videos in der Qualität besser? Und das hier ist mein erster großer Schritt.

Eigentlich begann diese Reise schon vor über einem Monat. Es war keine spontane Spielerei, sondern vielmehr der Versuch, etwas zu begreifen, was ich instinktiv als wichtig empfand – und was mich gleichzeitig auf eine Weise herausforderte, die mir vertraut war und trotzdem neu. Ich wollte verstehen, wie ich mein Videomaterial in HLG – also High Dynamic Range – richtig schneiden und exportieren kann. Aber ehrlich gesagt: Ich wollte nicht nur verstehen, ich wollte es auch durchdringen.

Es war nicht einfach. Ganz im Gegenteil. Es war ein langsamer, mühsamer Einstieg. Viele kleine Versuche, viel Vorarbeit. Ich hatte Clips, die auf meinem MacBook in der Timeline viel zu dunkel oder auch zu hell, so völlig überbelichtet aussahen. Ich wusste nicht, ob das normal war, ob ich was falsch gemacht hatte oder ob das Material irgendwie beschädigt war. Ich habe herumprobiert, Einstellungen durchgeklickt, wieder zurück, wieder vor – und nichts davon fühlte sich richtig an. Ich wusste: Das Material ist eigentlich hochwertig – 10-Bit HLG vom iPhone – aber es wirkte stumpf, flach und überhaupt nicht wie das, was ich erwartet hatte. Was ich erst später verstanden habe: Mein Bildschirm kann gar kein HDR anzeigen. Das Bild war nicht falsch – mein Monitor war einfach nicht in der Lage, es korrekt wiederzugeben.

Mit dieser Erkenntnis begann sich mein ganzer Workflow zu verändern. Ich legte mein Projekt neu an – im Farbraum „Wide Gamut HDRHLG“. Ich lernte, mit dem Effekt „HDR Tools“ zu arbeiten. Ich verstand, wann und warum ich „HLG zu Rec.709“ verwenden musste – nicht, um das Bild zu verändern, sondern um es überhaupt sinnvoll beurteilen zu können. Und ich begann zu sehen. Nein – zu spüren, was dieses Material konnte. Wie viel mehr Tiefe darin lag. Wie fein die Übergänge wurden. Wie das Bild plötzlich atmete.

Ich habe das Video exportiert, wie ich es mir erarbeitet hatte: in HEVC, 10-Bit, HLG beibehalten. Und dann saß ich da. Der Clip lief. Und obwohl mein Monitor technisch gesehen nicht in der Lage war, all das darzustellen, was in diesem Bild steckte, war es sofort spürbar anders. Klarer. Dynamischer. Flüssiger. Ich hatte Gänsehaut. Nicht, weil ich technisch etwas richtig gemacht hatte. Sondern weil ich gesehen habe, was möglich ist, wenn man einen Prozess wirklich durchdringt – wenn man ihn nicht nur klickt, sondern fühlt.

Das war mehr als ein Aha-Moment. Es war ein Gefühl, das ich lange nicht mehr gespürt hatte: Flow. Dieses völlige Versinken in einer Tätigkeit, bei der Zeit und Raum an Bedeutung verlieren. Ich kenne dieses Gefühl aus der Musik und Sport. Aus den Momenten, in denen man spielt, komponiert, einfach nur ist. Es ist selten geworden in meinem Leben. Das letzte mal als ich das Boot auseinandergenommen habe vor über vier Jahren. Aber jetzt war es wieder da. Beim Schneiden, beim Testen, beim feinen Justieren. Und es hat mich glücklich gemacht. Ich spürte richtig, dass sich in meinem Kopf neue Verbindungen bildeten.

Während ich an diesem Projekt gearbeitet habe, war ich oft völlig weggetaucht. Stunden vergingen. Der Wind draußen, das leise Knarren der Leinen, das Rauschen des Wassers – alles wurde zur Kulisse für diesen Prozess, der sich fast wie ein inneres Aufräumen anfühlte. Ich war wieder im Tun, wieder im Gestalten. Nicht nur als jemand, der Inhalte produziert, sondern als jemand, der etwas erforscht und entdeckt. Der versucht, nicht nur ein schönes Bild zu machen, sondern ein Gefühl darin zu transportieren. Das hat mir gefehlt. Nicht die Technik, nicht der Erfolg – sondern genau das.

Was mich dabei besonders fasziniert hat: Selbst die Leute, die mein Video später auf einem normalen SDR-Display sehen – also nicht in HDR –, bekommen eine bessere Qualität. Weil das Quellmaterial einfach mehr hergibt. Weil YouTube aus dem HLG-Video automatisch eine optimierte SDR-Version erstellt. Weil 10-Bit-Material selbst beim „Runterrechnen“ noch sauberer bleibt, weicher, natürlicher. Ich habe das getestet. Und ja – es stimmt. Das Material wirkt auch ohne HDR fabelhaft. Und das Beste daran: Ich weiß jetzt, warum.

Nur um mal ein paar Zahlen zu nennen:
Normale Videos mit 8-Bit-Farbtiefe können rund 16,7 Millionen Farben darstellen.
Bei 10 Bit handelt es sich nicht einfach nur um 2 Bit mehr – denn jede zusätzliche Bit-Stufe verdoppelt die Anzahl der darstellbaren Helligkeitsstufen pro Farbkanal.
Das Ergebnis: über 1,07 Milliarden Farben. Ein gewaltiger Sprung in der Detailtiefe, den man nicht nur messen, sondern auch sehen kann.

Ich werde in Zukunft alle meine Filme in HLG schneiden. Ich weiß jetzt, wie man damit arbeitet, worauf man achten muss, und was es einem zurückgibt. Der nächste Schritt ist meinen eigenen LUT (Look-up Table) bilden – als visuelles Fundament für meinen Stil. Ein Werkzeug, das nicht nur Technik ist, sondern Ausdruck meiner Sprache im Bild. So wie es früher bei der Musik meine Sounds waren.

Diese Reise hat mir nicht nur Wissen gebracht, sondern etwas viel Wichtigeres zurückgegeben: Das Vertrauen in meinen eigenen Prozess. Und das Gefühl, dass ich noch immer diesen Zustand erreichen kann, in dem ich völlig aufgehe in dem, was ich tue. Das ist vielleicht das Schönste, was man mit Technik erleben kann. Vielleicht sogar das Schönste, was man überhaupt erleben kann. Und es tut gut zu wissen, dass es noch da ist – dieser Teil von mir, den ich schon fast vergessen hatte.

Was bringt das Ganze für euch?
Ihr werdet ab jetzt spürbar bessere Videos sehen. Die Schärfe ist höher, die Farben sind satter und die Kanten sauberer. Selbst bei schnellen Kamerabewegungen bleibt das Bild ruhig – kein Ruckeln mehr, auch nicht im improvisierten „Blair-Witch-Style“. Die Dynamik ist deutlich umfangreicher und natürlicher.
Ehrlich gesagt: Ich bin selbst überrascht, wie viel Qualitätsgewinn möglich war – und begeistert vom Ergebnis.

Das kommende Video #60 – Britain’s most beautiful shortcut. Der Crinan Canal – ist schon damit Verarbeitet. Viel Spaß.

Euer Thomi