Hi Leute.
Manchmal könnte man denken, dass unser Leben hier draußen ein einziges großes Abenteuer ist – immer unterwegs, immer Richtung Horizont. Aber ganz ehrlich, genauso oft ist es einfach nur Alltag, der uns jeden Tag aufs Neue fordert. Unsere Tage beginnen, wie es die Natur vorgibt: Mal wecken uns die ersten Sonnenstrahlen, mal das Trommeln des Regens auf dem Deck. Manchmal wache ich um 5 auf, manchmal um 9. Jetzt im Herbst ist das Wetter tatsächlich besser als im Sommer. Von Juni bis Mitte September hatten wir mehr Regen als Sonne, aber seit rund fünf bis sechs Wochen genießen wir die Sonne deutlich mehr. Nur schade, dass die Tage kürzer werden – statt 17 Stunden Helligkeit haben wir jetzt noch etwa 9 Stunden. Die Temperaturen bleiben Tag und Nacht fast identisch, meist zwischen 12° und 15°.

Schlafen kann allerdings zur Herausforderung werden, besonders in offenen Häfen wie hier in Newlyn, direkt neben Penzance. Der Wind und die Wellen dringen bis ins Hafenbecken vor, und das Wasser klatscht dann so laut ans Heck, dass es sich manchmal wie ein Böller anhört – immer ständiges, pausenloses Geplätscher. An solchen Nächten weiche ich dann in den Salon auf die Bank aus, während Britti damit irgendwie besser klarkommt als ich. Zum Glück habe ich in Großenbrode bei Frau Künzel und ihrer kleinen Firma NoSAILS neue Schaumkerne für die Polster im Salon machen lassen, die sind viel bequemer als die Alten.
Mein erster Schritt nach dem Aufwachen ist, einen Kaffee zu kochen. Man, bin ich froh, so viel Kaffee bei Jürgen und Evelin in der Kaffeerösterei Lapuzia in Fürth gekauft zu haben. Viele Grüße an euch. Meistens setze ich mich dann mit dem Laptop hin und checke das Wetter, Social Media und überlege, wie es weitergeht. Mal geht es an die Einkaufsliste, mal schaue ich ein oder zwei Videos auf YouTube. Dann macht meistens Britti das Frühstück. Die meiste Zeit verbringe ich dann 2-3 Stunden mit der Arbeit an unseren Videos. Eine feste Routine gibt es eigentlich nicht – es kommt immer irgendwas dazwischen. Mal sind es Reparaturen, mal das Umstellen der Fender oder Festmacher, weil wieder stärkerer Wind angesagt ist. Solche kleinen Dinge kosten oft mehr Zeit, als man denkt. Macht man eine Kiste oder Klappe auf, findet man zehn Dinge, die man machen sollte, macht dann vier davon und erschrickt dann beim Blick auf die Uhr, weil es 15.00 Uhr ist und man das Gefühl hat, nichts erledigt zu haben. Natürlich gehen wir auch immer wieder ein wenig spazieren. Wir setzen uns in den Bus und fahren ein paar Stationen aus dem Ort oder der Stadt raus und schauen uns die Umgebung an. Ein paar Mal haben wir uns auch ein Auto gemietet und fahren die nahe Umgebung ab.

Interessanterweise halte ich seit meiner Abreise mehr Kontakt zu Menschen als vorher. Oft telefoniere ich mit Freunden, meistens länger als 45 Minuten. Lustigerweise sind es oft nicht die Freunde, mit denen ich früher viel Kontakt hatte, sondern Leute, zu denen ich erst jetzt intensivere Beziehungen aufgebaut habe. Social Media, besonders unsere Signal-Gruppe und die Kommentare auf YouTube und Instagram, sind ein tolles Mittel, um in Kontakt zu bleiben. Es tut gut, auf diese Weise mit alten Bekannten verbunden zu sein, und ich bin froh, dass wir diese technischen Möglichkeiten haben.

Das Warten auf gute Wetterfenster ist ein Dauerthema. Pläne machen und sie direkt wieder umschmeißen, wenn der Wind anderer Meinung ist – das gehört hier dazu. Oft haben wir schon eine Strecke im Kopf, bleiben aber dann doch im Hafen oder Ankerplatz, weil das Wetter uns mal wieder einen Strich durch die Rechnung macht. Und dann gibt es auch diese kleinen Alltagsaufgaben: Wäsche waschen kann schon mal zum Tagesprojekt werden, vor allem, wenn der Hafen keine eigene Waschmaschine hat. Dann laufe ich mit zwei oder drei IKEA-Tüten quer durch den Ort zum nächsten Laundry-Service, was locker über 30 Euro kosten kann. Mit Glück gibt’s in manchen Häfen Waschmaschinen, oft für 8 Pfund pro Waschgang und Trockner, manchmal sogar inklusive im Liegeplatzpreis.

In Großbritannien zahlen wir durchschnittlich etwa 45 Euro pro Nacht für einen Hafen – meistens ist der Preis abhängig von der Schiffsgröße. Zwischen 3,00 und 5,50 Euro pro Meter. Manchmal ist die Dusche inklusive, manchmal kostet sie extra. 10 Minuten Duschen können dann auch mal 2 Pfund kosten, und die Temperatur lässt sich nicht immer regulieren – meistens drückt man einfach einen Knopf und das Wasser läuft für einige Sekunden, bevor man ihn erneut drücken muss. Fischereihäfen gefallen uns dabei am besten. Hier bekommen wir oft frischen Fisch und meistens alles rund ums Boot. Wenn man auf einem Boot lebt, ist man ständig am Optimieren. Da mal ein neues Stück Leine oder einen Haken, hier mal einen Dichtring für die Fenster.

Meistens kochen wir selbst an Bord. Wir kochen halt auch gern. Das Schöne ist auch, dass man sich die Zeit nehmen kann, um zu kochen. Hier in UK haben wir bisher wenig Restaurants besucht. Vielleicht steckt an dem Vorurteil über die britische Küche doch etwas Wahres. Vor längeren Überfahrten bereiten wir meistens etwas vor, wobei das tatsächlich eher Brittis Part ist. Bei Touren, die rund 24 Stunden dauern, wie zuletzt, bevorzugen wir einfaches Essen wie Brot und Kekse, das ist unkomplizierter und reicht, um durchzuhalten. Tasächlich ist das Restaurant-Essen in Cornwall besser geworden.

Auch das Einkaufen wird manchmal zu einer kleinen Mission. Oft ist ein Supermarkt in Hafennähe, aber es kommt durchaus vor, dass wir mit großen Rucksäcken über Kilometer laufen müssen. Der Einkauf dauert dadurch deutlich länger und ist anstrengend. Oft muss man genau aussuchen, was man kauft und in den Rucksack passt und muss immer wieder Dinge stehen lassen, die man gern gehabt hätte. Man braucht auch immer wieder Zeit, sich an die Produkte in den verschiedenen Ländern zu gewöhnen. Hier gibt es auch Co-op, Lidl oder Aldi. Allerdings ist der Platzhirsch hier in UK der Tesco – so eine Art riesiges Kaufland, wo man von Lebensmitteln über Kleidung und Werkzeuge, Autozubehör, Fahrräder, Schrauben, Haushaltswaren etc. alles findet. Die Preise sind gar nicht so viel höher als in Deutschland, vielleicht 15 %. Interessant ist, dass hier viele Getränke zuckerreduziert sind, offenbar haben die Engländer eine kleine Zuckerphobie – außer bei Cola.

Zwischen all diesem Durcheinander gibt es auch die stillen Momente. Wenn die Sonne untergeht oder wir an Deck in aller Ruhe frühstücken, oft stundenlang, ist es einfach perfekt. Die „Kuchenbude“ (googelt das mal 😉) hält uns warm, und alles ist friedlich. Nachbarn kommen herüber, wir quatschen, springen mal auf, um anderen Boot beim Anlegen zu helfen und kommen so ins Gespräch. Manchmal lernt man auch Menschen kennen, die man eigentlich nicht mehr gehen lassen möchte. Zuletzt war das David in Milford Haven. Es ist so schön, wenn man auf Leute trifft, die vielleicht anders sind, aber man spürt sofort eine Verbindung. Ich hoffe, wir sehen uns nächstes Jahr wieder. David, du bist uns beiden in der kurzen Zeit, die wir uns kennen, wirklich ans Herz gewachsen – liebe Grüße von uns!

Es ist ein ständiger Wechsel zwischen Herausforderung und Ruhe, Abenteuer und Alltag, alles irgendwie fließend, ohne feste Grenzen. Routine gibt es nicht, kein Tag ist wie der vorherige. Aber vielleicht macht das alles genau richtig – und genau das ist es, was wir hier draußen an Bord gefunden haben.

Bis bald und liebe Grüße,
Britti & Thomi