Hi Leute.
Vor 5 Tagen war es so weit. Ich habe nun endgültig Deutschland verlassen und bin inzwischen in Schweden angekommen. Meine Reise hat begonnen. Als wir am Mittwoch 10.8. in Großenbrode losgefahren sind, war kaum Wind und wir motorten nach Dänemark an die Küste vor Gedser. Wie schon bei dem ersten Versuch, meine Reise zu starten zusammen mit meinem Bruder lagen wir fast an der gleichen Stelle vor Anker. Eine superruhige Nacht wartete auf uns. Wir grillten an meinem Bordgrill am Heck uns ein leckeres Abendessen und genossen einen traumhaften Sonnenuntergang. Die Sonne versank im Meer, als wäre es ein Gemälde von van Gogh. Wahnsinn. Ich habe so was noch nie gesehen. Im Allgemeinen sind die Sonnenuntergänge im Norden eh schon mal viel krasser als früher in Fürth. Aber dieser? Einfach nur wow.
Nach wir am nächsten Morgen Gedser Verliesen und durch die kleine Fahrrinne zum offenen Meer fuhren, übersah ich eine Boje und wir liefen auf eine Sandbank auf. Fortuna sei dank, sehr langsam. Wir konnten uns zu unserem Glück in wenigen Minuten auch wieder Freifahren. Wie schnell es gehen kann, neue Erfahrungen zu machen. Ein Gewittersturm vor Anker in der Bucht vor Großenbrode, 5 Tage später auf ne Sandbank fahren. Es wird noch viele Ereignisse geben, mit denen ich klar kommen muss.

Am nächsten Tag ist unser Ziel Klintholm. Das ist auf der Insel Askeby. Eine wirklich schnuckelige Marina. Auf dem Landgang fanden wir eine Beachparty mit Essensbuden. Wir tranken 2 Mojitos und waren schon ein bisschen angedüdelt. Der Organisator kam zu mir und wollte ein Foto mit mir machen, weil ich aussehe wie Bruce Willis. Lol.

Nach dem richtig coolen Abend sind wir am nächsten Tag früh los. In Gislövs läge wartete Lika auf uns, um die Crew auf der Arche zu erweitern. Lika kennt ihr vielleicht noch aus der Zeit des Refits. Sie putze einen Teil der Bilge.

Gislövs läge liegt östlich von Trelleborg. Ein kleiner, aber sehr feiner Segelverein hat uns einen Liegeplatz angeboten. Wir werden hier noch einen Tag verweilen, bevor wir zur Insel Bornholm aufbrechen.
Leider blies uns der Wind nicht dort hin. Trotz des vorausgesagten Ostwindes wehte es immer aus Südost. Genau dorthin, wo wir hin wollten. Ich hoffte auf einen Richtungswechsel, der aber leider aus blieb. So kreuzten wir an der schwedischen Südküste entlang nach Ystad. Ein industriell geprägter Hafen. Nicht so schön, aber gute Infrastruktur. Gut fürs Tanken. Am nächsten Tag versuchten wir noch einmal nach Bornholm zu fahren. Die Windvorhersage war wieder nur unterdurchschnittlich. Es ist schwer, die Windrichtung genau vorherzusagen. So kreuzten wir wieder an Schwedens Südküste entlang und ich fand am frühen Nachmittag einen schönen Platz an der Steilküste in der Nähe von Kåseberga zu ankern. Dort hüpfte ich ins Beiboot und ruderte an die Küste, um ein bisschen an Land spazieren zu gehen und ein paar schöne Fotos von oben auf das Meer und mein Boot zu machen. (Siehe Instagram).
Unglücklicherweise fühlten sich meine beiden Gäste an dem Ankerplatz nicht wohl, worauf ich entschied, um den letzten südlichen Teil der Küste Richtung Norden nach Skillinge in den dortigen Hafen zu fahren. Unter Motor wäre das in 3 Stunden erreichbar gewesen. Ab diesem Zeitpunkt begann nach dem Gewitter in der Bucht von Großenbrode mit 70 km/h Wind und dem auflaufen auf die Sandbank vor Gedser, meine nächste große Prüfung.

Der Motor bzw. das Lager der Welle machte meiner Meinung nach zu laute und merkwürdige Geräusche. Ich entschied zu segeln. Da war dann klar, das wird bis spät in die Nacht dauern. 
Ich zog die Segel hoch und es ging relativ gemütlich mit 5,5 kn voran. Aufgrund des Windes mussten wir zunächst in Richtung Ost kreuzen.
Der Wind lies auf einmal nach und wir kamen nur noch unter 3 kn vorwärts. Nach 2 Stunden und 4 Wenden musste ich die Entscheidung treffen, weiter mit Motor zu fahren und zu hoffen, dass das alles gut geht.
Ein wunderschöner Sonnenuntergang auf dem Meer erwartete uns. Eine wirkliche Traumkulisse. Auf Instagram ist ein Foto zu sehen. Das spiegelt aber nicht einmal bruchstückweise die Wirklichkeit wieder.
Wir fuhren in die Nacht. Kein Mond, bewölkter Himmel. Um ca 22 Uhr war es stockdunkel. An der 10 km entfernten Küste waren vereinzelt Lichter zu sehen. Ich schaltete das Radar ein, um andere Boote ohne AIS sehen zu können und mich auf eventuelle Squalls (Strake Regenschauer oder Gewitter) vorzubereiten. Was soll ich sagen? Am Horizont Blitze es. Es war beängstigend und supercool auf einmal. Es ging noch knapp 2 Stunden unter Motor in einer dunklen Nacht weiter Richtung 0°. Ich konzentrierte mich nur noch auf mich und das Boot. Ich glaube, in diesem Moment wurde ich eins mit meiner Arche. Ich habe beim schreiben immer noch eine Gänsehaut.
Wir näherten uns dem Hafen von Skillinge. Ich zog meine Rettungsweste an, schaltete die Decksbeleuchtung an und machte mich an das Befestigen der Fender und der Festmacherleinen. Auch kontrollierte ich, ob alle Leinen gut verräumt waren und das Schiff klar zum Anlegen war. Das ist nicht wirklich einfach bei einer kurzen Ostseewelle, die bis zu 2 Meter hoch war.
Das Schiff stampfte sich gegen den halben Wind Richtung Hafen. Ob ich ohne elektronische Navigation in den Hafen gekommen wäre, weiß ich nicht. Aber ich hatte mir 3 Geräte als Back-up bereitgelegt, um auf Nummer sicherzugehen. Auch lag die Seekarte am Tisch, die ich noch studierte, um so gut wie ich konnte, mich vorzubereiten. Die Lichter kamen näher. Es ist unglaublich schwer, die Entfernungen in der Nacht richtig einzuschätzen. Ob das weit weg ist oder na dran, erkannte ich erst, als die erste grüne Einfahrtsboje 5 m neben mir vorbeizog. Langsam tastete ich mich in den Hafen hinein. Es war klar, der erste Parkplatz, der sich bot, wird genommen. Das Anlegemanöver war wegen der Dunkelheit, dem kleinen Hafen und dem Wind von der Seite sehr anstrengend. Eine Gruppe Jugendlicher, die an der Mole ihren Spaß hatten, half uns so ein bisschen beim Anlegen. Aber offensichtlich hatten sie überhaupt keine Erfahrung. Auch die Sprachbarriere stand im Weg. Ein anderer Segler kam mit seinem Klapprad um den ganzen Hafen gefahren, um uns zu Hand zu gehen.
Nach einer halben Stunde waren wir dann endlich fest am Pier gelegen und ich fiel komplett mich zusammen. Noch nie fühlte ich mich so am Ende meiner Kräfte. Um Mitternacht nahm ich mir noch das verdiente Anlegebier aus dem Kühlschrank. Das ich fast auf einen Zug leer trank. Was für ein Akt und so wahnsinnig wichtig für mein künftiges Leben auf dem Boot diese Erfahrung gemacht zu haben.
Danke fürs Lesen.

Euer Thomi